Provenienzforschung

Die Provenienzforschung stellt die Frage nach der individuellen Herkunft der Kunstwerke. Sie erforscht die Objektbiografie mit dem vorrangigen Ziel, eine lückenlose Abfolge der Eigentümer zu rekonstruieren. Als Bestandteil der wissenschaftlichen Inventarisierung gehört dieser Forschungszweig traditionsgemäß zum musealen Alltag. So spielt er beispielsweise bei der Bearbeitung von Bestands- und Werkkatalogen eine wichtige Rolle.

Seit einigen Jahren beschäftigt sich die Provenienzforschung verstärkt mit dem Schicksal der Kunstwerke während der Zeit des Nationalsozialismus. Im Dezember 1999 verabschiedeten die Bundesregierung, die Länder und drei kommunale Spitzenverbände die "Gemeinsame Erklärung zur Auffindung und Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturguts, insbesondere aus jüdischem Besitz". Hierin werden gemäß der so genannten Washingtoner Prinzipien aus dem Vorjahr deutsche Sammlungen und ihre Rechtsträger aufgefordert, die genaue Herkunft ihrer Bestände zu überprüfen, unrechtmäßigen Besitz offen zulegen und gegebenenfalls zu restituieren. Auch der Kunstverein in Bremen bekennt sich zu dieser Verpflichtung.

Weiterführende Links
Lost Art Datenbank Magdeburg
Deutsches Zentrum Kulturgutverluste
Arbeitskreis Provenienzforschung

Provenienzforschung in der Kunsthalle Bremen

Die systematische Überprüfung des Sammlungsbestands der Kunsthalle Bremen nach NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kunstwerken wird seit Dezember 2010 im Rahmen mehrerer zeitlich befristeter Projekte durch das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste in Magdeburg gefördert.

Den Anfang machte ein dreijähriges Forschungsprojekt zu den Werken, die über die Bremer Sammler Arnold Blome (1894–1972), Heinrich Glosemeyer (1896–1969) und Dr. Hugo Oelze (1892–1967) erworben wurden. Die Ergebnisse wurden der Öffentlichkeit im Winter 2014/2015 in der Ausstellung "Eine Frage der Herkunft. Drei Bremer Sammler und die Wege ihrer Bilder im Nationalsozialismus" präsentiert. Der umfangreiche Begleitkatalog dokumentiert neben den bisher weitgehend unbekannten Biografien der drei Sammler die verschlungenen Wege ihrer Kunstwerke von der Entstehung im Künstleratelier bis in die Sammlung der Kunsthalle.

Daran direkt anschließend konnten bis April 2017 mit einem weiteren Forschungsprojekt sämtliche Gemälde der Kunsthalle Bremen überprüft werden, um die dringende Frage zu klären, ob sich darunter Werke befinden, die während der Zeit des Nationalsozialismus ihren Eigentümern verfolgungsbedingt entzogen wurden. Dabei handelt es sich um 614 Gemälde, die vor 1945 entstanden sind und nach 1933 in die Sammlung der Kunsthalle kamen. Die Forschungsergebnisse werden im Online-Katalog der Kunsthalle zur Verfügung gestellt.

Aktuell steht die Kunsthalle nun vor der Herausforderung, auch die Provenienzen der Arbeiten auf Papier zu überprüfen. Um diesen umfangreichen Bestand sinnvoll bearbeiten zu können, konzentriert sich das im Juni 2022 begonnene Forschungsprojekt im Kupferstichkabinett auf zwei besonders brisante Konvolute, nämlich die 81 französischen Zeichnungen, die in der NS-Zeit erworben wurden sowie die 279 französischen Werke, deren Herkunft nach 1945 völlig unbekannt ist. Nach dem Projektende 2024 werden die Forschungsergebnisse im Online-Katalog veröffentlicht und zum Teil auch in einer Ausstellung präsentiert.

Ansprechpartner*in:

Dr. Dorothee Hansen
+49 (0)421 - 32 908 260

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